Wohin die Reise mit all den Freihandelsabkommen und der grenzenlosen Liberalisierung der Märkte gehen könnte, zeigt aktuell die Reaktion Ubers auf die gerichtlichen Verbote in den verschiedensten Ländern. Das Management zeigt sich verwundert und reklamiert für sich , den Fortschritt schlechthin zu verkörpern – und dem könne sich schließlich niemand auf Dauer in den Weg stellen. Uber setzt sich daher konsequent über jedes Verbot hinweg und betont, den Kunden auch weiterhin zur Verfügung zu stehen. Deutlicher kann man es ja eigentlich nicht mehr sagen: Internationale Unternehmen, insbesondere neue Startups, scheren sich einen Dreck um Gesetze und nationale Standards – im Zweifelsfall werden sie schlicht ignoriert. Dabei beruft man sich im aktuellen Fall unmittelbar auf das Ideal des Teilens, sozusagen in eine App gegossen. Das Argument ist allerdings nur oberflächlich betrachtet bestechend – wurde die Idee des Teilens bisher doch immer als Gegensatz zu wirtschaftlichem Gewinnstreben begriffen. Jetzt aber werden wir Zeuge, wie noch die letzten Inseln des Altruismus den Verwertungsinteressen des Kapitals einverleibt werden. Wen wundert es, dass man es mit dem Teilen der eigenen Gewinne dabei nicht so ernst nimmt und lieber aus einem Steuerparadies heraus agiert. Sollen die Regierungen der Nationalstaaten die Aufwendungen für die Grundversorgung, die Infrastruktur und soziale Sicherungssysteme doch aus den Taschen ihrer Bürger bezahlen. Verfolgt man die Auftritte Travis Kalanicks in der Öffentlichkeit, so gewinnt man zunehmend den Eindruck, dass es sich bei seinem Genie doch um eine ziemliche Inselbegabung handelt und sein Verständnis von Innovation recht eindimensional bleibt – reduziert auf die betriebswirtschaftlichen Aspekte und den Shareholder Value. Eine soziale Dimension lässt sein Denken vermissen – im Gegenteil, seine Verhalten, seine Äußerungen legen einen deutlich soziopathischen Charakter nahe.
Archiv des Autors: Wolf
Pkw-Maut
Nun ist also auch die PkW-Maut beschlossen – zumindest auf den Autobahnen. Sofort erheben sich kritische Stimmen en masse, und selbst die Grünen vermögen darin erst einmal nicht mehr zu sehen als einen allerdings vergeblichen Versuch, die finanziellen Mittel für die Erneuerung der maroden Infrastruktur zu erschließen. Dass es dabei im Kern um etwas ganz anderes geht, legt der Hinweis nahe, man werde keine anonymen Vignetten einführen, sondern die Maut über die Kennzeichen kontrollieren. Das neue Gesetz ermöglicht also den Einstieg in die – nunmehr ganz legale – systematische Erfassung aller Verkehrsteilnemer auf den deutschen Autobahnen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt! Da mutet es schon als denkwürdiger Zufall an, dass zeitgleich mit der Entscheidung über die Maut auch das Urteil im Prozess gegen den sog. Autobahnschützen gesprochen wurde, der eben durch die systematische Auswertung der Lkw-Maut-Daten gefasst werden konnte. Nun – jedenfalls wissen wir, wohin die Reise geht …
AKW zu verschenken
Die großen Energiekonzerne Deutschlands, E.On, RWE und EnBW, führen uns gerade deutlich vor Augen, wie sich der rein imaginäre Tatbestand der indirekten Enteignung ganz praktisch auszahlen kann. Erst verklagen sie die Bundesrepublik auf Schadensersatz für die entgangenen Gewinne durch die unverhoffte Wende in der Atompolitik, ausgelöst durch die japanischen Atomkatastrophe, dann unterbreiten sie dem Staat den Vorschlag, dieser solle doch die alten Atommeiler und – damit verbundenen – die zukünftigen milliardenschweren Risiken im Rahmen einer Stiftung als Eigentümer übernehmen. Generös, wie sie sind, wollen sie die für die Abwicklung gebildeten Rückstellungen quasi als Mitgift in die Stiftung einbringen. Kurz darauf dann lassen sie ganz beiläufig anklingen, man könne, wenn der Staat sich denn auf diesen Deal einlasse, die Klagen wieder zurückziehen.
Ganz gleich, wie man den Vorstoß der Energiekonzerne auch bewerten mag, nichts kann darüber hinwegtäuschen, dass wir es hier mit einer so schlichten wie selten dreisten Erpressung zu tun haben. Und wenn immer wieder darauf hingewiesen wird, bis heute könne keiner seriös sagen, welche Kosten tatsächlich für den Rückbau der alten AKWs entstehen, so ist allein der Vorstoß der Energiekonzerne ein deutliches Indiz, dass die betreffenden Rückstellungen, die noch zu erwartenden Gewinne und mögliche Schadensersatzleistungen demgegenüber vermutlich nur Peanuts sind.
Bedrohung durch Parasiten
Monsanto besorgt sich – auf durchaus legalem Weg – in der Türkei Saatgut einer violetten Möhrensorte, die dort seit Jahrhunderten angebaut wird, bringt diese in die USA und beansprucht nach kurzer Zeit Sortenschutzrechte sowohl in den USA (US PVPA Certificate 200400327) als auch in Europa (EU CPVO Certificate 20050779). Was bedarf es noch, um deutlich werden zu lassen, dass es diesem Konzern bei all seinem Engagement einzig und allein darum geht, sich parasitengleich in möglichst alle landwirtschaftlichen Wertschöpfungsprozesse zu drängen und dort unter minimalem Einsatz ein Maximum abzuschöpfen. Es bleibt ein Moment der Hoffnung: Immerhin ist Monsanto ja selbst Marktführer bei der Beseitigung von Parasiten.
Kriminelle Vereinigungen?
Konzerne, Banken, Fondsgesellschaften und andere Schwergewichte der internationalen Marktwirtschaft nehmen für sich stets ganz selbstverständlich ein vermeintlich lauteres, weil den ethischen Grundsätzen einer modernen Gesellschaft verpflichtetes Geschäftsinteresse in Anspruch. Die Wirklichkeit straft sie allerdings Lügen: Wo immer gesetzliche Regelungen fehlen oder aber nicht durchgesetzt werden, wo auch immer der Blick einer kritischen demokratischen Öffentlichkeit verstellt ist, lassen sie jegliche Maskerade fallen und agieren gänzlich ungeniert nach den Regeln eines jeglicher sozialer Verantwortung entledigten Kapitalismus. Dabei ist es ganz gleich, ob es sich um die undurchsichtigen Niederungen der Finanzwirtschaft, die Arbeitsbedingungen in der asiatischen Bekleidungsindustrie, um die Zulieferer der Unterhaltungselektronik oder um die Rohstoffförderung in Afrika, Asien oder Lateinamerika handelt. Die Konsequenz kann nur sein, den internationalen Akteuren bis zum Beweis des Gegenteils als potentiell kriminellen Vereinigungen mit einem entsprechend gesunden Misstrauen zu begegnen. Eine Unschuldvermutung bis zum Beweis des Gegenteils zumindest mutet naiv an. (6. Dezember 2014)
Die verfolgten Reichen
Florian Rötzer berichtet am 30.01.2014 im Online-Magazin Teleopolis über einen Brief Tom Perkins an das Wallstreetjournal, in dem er in den USA einen „wachsenden Hass auf die erfolgreichen 1 Prozent“ beklagt. Im Folgenden ist sich Perkins nicht zu schade, Analogien zur Reichskristallnacht und der Judenverfolgung durch die Nationalsozialisten zu bemühen. Das einzige jedoch, was er darin zum Ausdruck bringt, ist der offensichtliche Mangel am Verständnis historischer Zusammenhänge. Die Parallele ist nicht so sehr Nazideutschland als vielmehr das Frankreich Ludwig des XVI. Insofern mag Perkins Angst durchaus berechtigt sein. (01. Februar 2014)
Ganz uneigennützig!?
Kein Unternehmen, schon gar kein global operierendes, spendet den Parteien Hunderttausende aus reiner Liebe zur Demokratie – unsere Manager fühlen sich ja durchaus wohl in Diktaturen und Unrechtsstaaten, wissen jeden gewinnträchtigen Vorteil asymmetrischer Machtverhältnisse gnadenlos auszunutzen und sind auch sonst sehr erfinderisch, wenn es um Steuersparmodelle geht. Ein hehrer moralischer Anspruch kommt als Motivation demnach nicht in Betracht. Bleibt also nur die Einflussnahme. Aber natürlich sind unsere Politiker nicht käuflich. Dann aber stellt sich erneut die Frage nach dem Parteispenden zugrunde liegenden Interesse. Jedenfalls können wir gewiss sein, dass Unternehmen keine Ausgaben tätigen, die sich nicht wenigstens langfristig rechnen, besser allerdings doch kurzfristig! (Nachtrag vom 16. März 2014)
Dumm & gefährlich
Eigentlich wussten wir es doch schon immer: dass wir vor den USA mehr Angst haben müssen als vor dem Rest der Welt. Nun bestätigt die australischen Nachrichtensite news.com.au unsere Befürchtungen. Einer Meldung vom 09. März zufolge gibt Sarah Palin – vor noch gar nicht so langer Zeit immerhin Vizepräsidentschaftskanditin der Republikaner – Obama den Rat, Putin mit Atomraketen zu stoppen. Die hier zum Ausdruck kommende Dummheit gepaart mit Ignoranz in Gestalt doch recht beschränkter geographischer Kenntnissen muss jedem Europäer Angst machen. Es könnte ganz aus Versehen jeden treffen. 2008 hat uns der Wahlausgang vor dergleichen noch bewahrt – aber wie lange noch? (Nachtrag vom 13. März 2014)
Noch mal glimpflich davongekommen
Schon erstaunlich, wie wenig man tun muss, um sich den „hohen Respekt“ unserer Kanzlerin zu verdienen: Es genügt da bereits, ein mildes Urteil für eine doch erhebliche Straftat anzunehmen – wie jüngst Uli Hoeneß. Doch was, wenn auf eine Revision nur verzichtet wird, weil noch weit unangenehmere Tatsachen als bloße Steuerhinterziehung ins Licht der Öffentlichkeit gezerrt werden könnten. Und schon stimmt das Tempo nachdenklich, mit dem dieser Prozess ein so plötzliches Ende fand, obwohl selbst die Staatsanwaltschaft mit jedem Tag neue Tatbestände zur Kenntnis nehmen musste. (Nachtrag vom 16. März 2014)
Lupenreine Demokraten
Unser Freund lupenreiner Demokraten [Gerhard Schröder] fühlte sich mal wieder aufgerufen, die Berichterstattung deutscher Medien über ein aktuelles internationales Spektakel als reichlich unfair und – schlimmer noch – ideologisch geprägt zu kritisieren. Jewgeni Witischko, Geologe, Kritiker des besagten Spektakels und soeben rechtskräftig zu drei Jahren Arbeitslager verurteilt, wird diese Einschätzung zweifelsohne jederzeit gerne bestätigen. Aber mal ganz ehrlich: Wahrscheinlich können wir froh sein, dass Putins Busenfreund 2005 vor die Tür gesetzt wurde. Wenn er sich wirklich das russische Demokratieverständnis zu eigen gemacht hat, wären wir ihn später vielleicht nie wieder losgeworden …