Die schweigende Mitte der Gesellschaft

Jene Mitte der Gesellschaft, jene schweigende Mehrheit, die Aiwanger und Söder jüngst in Erding beschworen haben – das ist eben jene Mehrheit, die vor rund 90 Jahren bis zuletzt die Stütze des Nazi-Regimes war und dann angeblich von nichts wusste. Zugegeben – die bayrischen Spitzenpolitiker sind keine Nazis – nein – sie sind ihre Erben und gehen den kommenden voraus, sind ihre Steigbügelhalter. Am Ende dann heißt es: Das haben wir nicht gewollt – aber das will man ihnen dann auch nicht mehr glauben!

Fake News

Seit der amerikanischen Präsidentschaftswahl dominiert ein neues Phänomen den politischen Diskurs, das geeignet zu sein scheint, die Demokratie in ihren Grundfesten zu erschüttern, zumindest aber den aufrechten Demokraten den Angstschweiß auf die Stirn zu treiben: die Fake News. Die Vehemenz des aktuellen Aufschreis, der sich durch alle Medien fortpflanzt, suggeriert, dass die Instrumentalisierung von Falschmeldungen im Wahlkampf, ja in der Politik ganz allgemein eine Erfindung der letzten ein, zwei Jahre sei. Was aber bitte soll an Falschmeldungen und ihrer Instrumentalisierung eigentlich neu sein? Als wären unseren Politikern, aber auch den Medien bisher nur Wahrheiten über die Lippen gekommen. Und als wäre die Verbreitung von Lügen der einzige Weg, um den Prozess demokratischer Meinungs- und Willensbildung zu manipulieren. Wenn dem so wäre, wozu dienen dann all die konservativen Think Tanks – nicht nur – in den USA, wo Strategien und Kampagnen entwickelt werden, die die öffentliche Meinung ganz im Interesse der wirtschaftlichen und politischen Eliten beeinflussen sollen und die auch schon mal eine Rufmord-Kampagne gegen Klimaforscher lostreten. Oder die Geheimdienste: Welche Aufgabe hatten denn die zahlreichen deutschen Journalisten im Dienste beispielsweise der CIA? Die Liste ließe sich schier endlos fortsetzen und all diese Beispiele unterscheiden sich nur durch eines: Früher nannte man das schlicht Propaganda.

Noch einmal: Mitte der Gesellschaft

Was meint eigentlich Mitte der Gesellschaft? Wo – bitte – soll das sein? Anders: Wer definiert diesen Ort? Nur so viel: um so mehr Menschen den rechten Bauernfängern erliegen, um so weiter driftet auch die Mitte nach rechts. So lag diese Mitte spätesten Ende der 30er Jahre irgendwo im Spektrum der NSDAP. Wenn Politiker aber den Kampf gegen Ausländerfeindlichkeit und Rechtsradikalismus, gegen all diese braunen Parolen Ernst meinen, dann müssen sie sich auf demokratische und soziale Werte beziehen. Wer allzu sehr nur auf die Mitte, diesen Nichtort fixiert bleibt, versinkt am Ende noch im braunen Sumpf.

Ganz uneigennützig!?

Kein Unternehmen, schon gar kein global operierendes, spendet den Parteien Hunderttausende aus reiner Liebe zur Demokratie – unsere Manager fühlen sich ja durchaus wohl in Diktaturen und Unrechtsstaaten, wissen jeden gewinnträchtigen Vorteil asymmetrischer Machtverhältnisse gnadenlos auszunutzen und sind auch sonst sehr erfinderisch, wenn es um Steuersparmodelle geht. Ein hehrer moralischer Anspruch kommt als Motivation demnach nicht in Betracht. Bleibt also nur die Einflussnahme. Aber natürlich sind unsere Politiker nicht käuflich. Dann aber stellt sich erneut die Frage nach dem Parteispenden zugrunde liegenden Interesse. Jedenfalls können wir gewiss sein, dass Unternehmen keine Ausgaben tätigen, die sich nicht wenigstens langfristig rechnen, besser allerdings doch kurzfristig! (Nachtrag vom 16. März 2014)

Lupenreine Demokraten

Unser Freund lupenreiner Demokraten [Gerhard Schröder] fühlte sich mal wieder aufgerufen, die Berichterstattung deutscher Medien über ein aktuelles internationales Spektakel als reichlich unfair und – schlimmer noch – ideologisch geprägt zu kritisieren. Jewgeni Witischko, Geologe, Kritiker des besagten Spektakels und soeben rechtskräftig zu drei Jahren Arbeitslager verurteilt, wird diese Einschätzung zweifelsohne jederzeit gerne bestätigen. Aber mal ganz ehrlich: Wahrscheinlich können wir froh sein, dass Putins Busenfreund 2005 vor die Tür gesetzt wurde. Wenn er sich wirklich das russische Demokratieverständnis zu eigen gemacht hat, wären wir ihn später vielleicht nie wieder losgeworden …