Exzellenzpartner

Der Präsident der TU München verkündet stolz den Abschluss eines Rahmenvertrages mit dem neuen Exzellenzpartner Google, der finanzielle Mittel in Millionenhöhe verspricht. Und viele werden sich von dieser Geste blenden lassen, beeindruckt von den untadeligen Absichten eines Weltkonzerns, der den Forschungsstandort München an seinen wirtschaftlichen Erfolgen teilhaben lässt. Dabei vergisst man gerne, dass Google zu eben jenen Konzernen gehört, die Steuern für ein Instrument unrechtmäßiger staatlicher Bereicherung halten und diese darum konsequent und erfolgreich vermeiden, so dass sie nicht einmal angemessen an den Kosten etwa für Infrastruktur und Bildung partizipieren, die doch eigentlich Bedingung ihres wirtschaftlichen Erfolges sind. Das aber kann sich eine Gesellschaft nicht wirklich leisten! Wann endlich werden wir Unternehmen angemessen an der Finanzierung des Staatshaushaltes beteiligen, so dass wir unsere Universitäten wieder hinreichend selbst finanzieren und diese ihren Partnern endlich auch wieder auf Augenhöhe begegnen können. Übrigens: dann erst wird die Forschung auch nicht mehr im Verdacht stehen, in erster Linie doch nur die Interessen der Konzerne zu bedienen.

Altersarmut – kaum Schicksal, eher Kalkül?

Das System der Altersversorgung rückt dank besorgter Experten, die ein rapides Ansteigen der Altersarmut in den kommenden 15 Jahren befürchten, einmal mehr in den Mittelpunkt der politischen Diskussion. Hatte man vor gerade einmal 15 Jahren nach einem Weg gesucht, die Arbeitgeber aus der Verantwortung für die Altersvorsorge zumindest teilweise zu entlassen und den Arbeitnehmern diverse private Modelle schmackhaft gemacht, damit sie die Bürde der Zukunftssicherung fortan zunehmend alleine schultern, stellen die Fachleute plötzlich zu ihrem Entsetzen fest, dass die damaligen Renditeversprechen aus heutiger Sicht kaum mehr als hohle Phrasen gewesen sind, die eigentlich nur den Banken genutzt haben und die sich damit – recht betrachtet – schlicht als Lügen entpuppen. Als Schuldige werden heute allerdings nicht die Politiker und Finanzhaie z. B. der Hannoveraner Connection identifiziert, sondern vielmehr die Europäische Zentralbank und ihre Zinspolitik, die die phantasievollen Finanzprodukte zum Flop werden lassen.
Nun also ist das Gezeter und Gejammer wieder einmal groß. Dabei werden auch die neuen Konzepte allenfalls billige Flickschusterei bleiben, weil das System der bundesrepublikanischen Altersversorgung an zwei prinzipiellen Webfehlern leidet, die eine nachhaltige Reform konterkarieren. Der erste strukturelle Fehler ist die Tatsache, dass die Altersvorsorge exklusiv an den Faktor Arbeit gekoppelt bleibt und damit unmittelbar von der Entwicklung des Arbeitsmarktes abhängt. Die aber geht dank neuer Technologien nicht zwangsläufig synchron mit der wirtschaftlichen Entwicklung. In dem Maße, in dem – wie wir es seit nunmehr 30 Jahren beobachten können – die Entwicklung der Löhne und durchschnittlichen Einkommen von der Produktivitätsentwicklung abgekoppelt wird, gerät das System unter Druck und kann eine hinreichende, geschweige denn angemessene Versorgung aller Menschen im Alter nicht mehr garantieren. Die wachsende Kluft in der Vermögensverteilung bestätigt diesen Ansatz. Verstärkt wird diese Tendenz dann auch noch durch den zweiten strukturellen Webfehler: Dass ein nicht unerheblicher Anteil der (arbeitenden) Bevölkerung ganz oder teilweise von einem angemessenen Beitrag zum Solidargefüge befreit ist, nämlich die Beamten und die Selbstständigen, vor allem aber die höheren Einkommen. So wachsen diese höheren Einkommen weit überproportional, ohne dass dieses Wachstum auch dem System der Altersversorgung zu Gute käme. Würden alle in Deutschland erzielten Einkommen proportional zur Finanzierung der Sozialausgaben herangezogen – das Gespenst der Altersarmut würde sich unmittelbar in Luft auflösen. Solange unsere Politiker allerdings nicht bereit sind, diese beiden strukturellen Defizite der Sozialsysteme zu beheben, solange ist ihr Geschwätz schlicht obsolet und nicht mehr als Irreführung des Wahlvolks! Es mag sein, dass die Politik in diesen Punkten keinen Straftatbestand erfüllt – doch sie bleibt schlicht Betrug! Oder anders: Es mag sein, dass der ein oder andere Experte und Politiker nach bestem Wissen und Gewissen handelt – der großen Mehrheit müssen wir unterstellen, dass sie vorsätzlich handelt – denn sie gehören zu den Nutznießern dieser groß angelegten Täuschung der Bürger.

Der Krieg der Kriege

Die Welt ist gezeichnet von einer Vielzahl lokaler, aber auch globaler Kriege und Konflikte, doch dem Offensichtlichen zum Trotz ist es tatsächlich nur eine Frontlinie – und die verläuft nicht zwischen Christentum und Islam oder anderen Heilsgeschichten, wie es uns die zahlreichen Fanatiker glauben machen wollen; nicht zwischen Orient und Okzident, zwischen Ost und West oder Nord und Süd, wie es uns die Ideologen dieser Welt so gerne erzählen; es ist nicht einmal die zwischen Schwarz und Weiß und all den zahlreichen Schattierungen, wie es uns die Rassisten dieser Welt weiß machen wollen; es ist auch nicht die zwischen Jung und Alt, wie es unsere Politiker immer wieder gerne behaupten, wenn mal wieder von der ungleichen Verteilung der Reichtümer abgelenkt werden muss; und es ist schon gar nicht die zwischen Männern und Frauen, die heutzutage als Inbegfriff der Political Correctness nahezu jeden Diskurs dominiert.

Nein – sie alle lenken nur vom eigentlichen Widerspruch ab, von eben dieser einen Front, von diesem einen Krieg, dem Krieg zwischen Reich und Arm in seinen immer gleichen und doch auch wieder immer neuen Erscheinungsformen. Und warum nicht der Krieg der Armen gegen die Reichen? Nun, Die Armen brauchen die Reichen nicht – sie sind einzig an einer anderen Verteilung dieses unbe­schreib­lichen Überflusses interessiert, der im Laufe der Geschichte von einigen Wenigen zusammen­gerafft wurde. Die Reichen hingegen bedürfen all der Armen, die – nur selten feiwillig – alles geben, die nicht selten mit ihrem Schweiß, ihrem Blut und ihren Tränen das Wohl der Shareholder bedienen, und sie bedürfen auch der weniger Armen, die noch jeden Cent in den Konsum all der Produkte stecken, die allein dieses eine Bedürfnis der Reichen nach immer mehr befriedigen.

Neoliberale Emphatie

Kansas macht vor, was Neoliberale unter sozialer Verantwortung verstehen – die schlichte und zeitlich eng begrenzte Sicherung der nakten Existenz – ohne jeden Tand und scheinbaren Luxus (siehe Telepolis). Von der Hilfe für bedürftige Familien (TANF) dürfen künftig keinerlei Genussmittel (Tabak, Alkohol etc.) und Vergnügungen (Sportveranstaltungen, Kultur u.ä.) mehr bezahlt werden. Im ersten Moment ist man sprachlos, aber es ist konsequent – wenn das wirtschaftliche Wachstum die Gier der selbsternannten Eliten nicht mehr zu befriedigen vermag, muss man halt dafür Sorge tragen, dass nicht mehr so viel Geld in den unteren sozialen Schichten versickert. Und dann versteht man auch, warum in Kansas der Waffenbesitz weiter liberalisiert wurde: Bei den Opfern der ungezählten Schusswaffen handelt es sich überwiegend um sozial Benachteiligte – und es gilt offensichtlich, aber unausgesprochen die Devise: Nur ein toter Bedürftiger ist ein guter Bedürftiger .

Uber den Fortschritt und das Teilen

Wohin die Reise mit all den Freihandelsabkommen und der grenzenlosen Liberalisierung der Märkte gehen könnte, zeigt aktuell die Reaktion Ubers auf die gerichtlichen Verbote in den verschiedensten Ländern. Das Management zeigt sich verwundert und reklamiert für sich , den Fortschritt schlechthin zu verkörpern – und dem könne sich schließlich niemand auf Dauer in den Weg stellen. Uber setzt sich daher konsequent über jedes Verbot hinweg und betont, den Kunden auch weiterhin zur Verfügung zu stehen. Deutlicher kann man es ja eigentlich nicht mehr sagen: Internationale Unternehmen, insbesondere neue Startups, scheren sich einen Dreck um Gesetze und nationale Standards – im Zweifelsfall werden sie schlicht ignoriert. Dabei beruft man sich im aktuellen Fall unmittelbar auf das Ideal des Teilens, sozusagen in eine App gegossen. Das Argument ist allerdings nur oberflächlich betrachtet bestechend – wurde die Idee des Teilens bisher doch immer als Gegensatz zu wirtschaftlichem Gewinnstreben begriffen. Jetzt aber werden wir Zeuge, wie noch die letzten Inseln des Altruismus den Verwertungsinteressen des Kapitals einverleibt werden. Wen wundert es, dass man es mit dem Teilen der eigenen Gewinne dabei nicht so ernst nimmt und lieber aus einem Steuerparadies heraus agiert. Sollen die Regierungen der Nationalstaaten die Aufwendungen für die Grundversorgung, die Infrastruktur und soziale Sicherungssysteme doch aus den Taschen ihrer Bürger bezahlen. Verfolgt man die Auftritte Travis Kalanicks in der Öffentlichkeit, so gewinnt man zunehmend den Eindruck, dass es sich bei seinem Genie doch um eine ziemliche Inselbegabung handelt und sein Verständnis von Innovation recht eindimensional bleibt – reduziert auf die betriebswirtschaftlichen Aspekte und den Shareholder Value. Eine soziale Dimension lässt sein Denken vermissen – im Gegenteil, seine Verhalten, seine Äußerungen legen einen deutlich soziopathischen Charakter nahe.

Akkumulation

Bisher hat noch nahezu jedes Herrschaftsverhältnis früher oder später zu einer steigenden Konzentration der gesellschaftlichen Reichtümer in den Händen Weniger geführt. Und bisher hat diese Akkumulation noch in jeder Kultur bzw. jeder Gesellschaftsform einen Punkt erreicht, an dem auch die stärksten sozialen Bindungskräfte versagten und und die Verhältnisse – leider allzuoft in einem Blutbad – neu geordnet wurden. Es gehört schon eine gehörige Portion Naivität gepaart mit einem simplen Geist dazu, um glauben zu machen, der Kapitalismus sei vor einer solchen Entwicklung gefeit. Weil er ein Höchstmaß an Hegemonie erreicht hat? Weil er über eine ungeahnte Machtfülle und unerschöpfliche Ressourcen verfügt? Weil er einfach auf ein hochtechnisiertes Gewaltmonopol zurückzugreifen vermag? Die zahlreichen gewaltsam ausgetragenen Konflikte in aller Welt lassen deutlich werden, dass wir uns diesbezüglich keine Illusionen machen sollten. (01. Februar 2014)