Den Unterstellungen der Politik zum Trotz: Konzerne und andere Akteure auf dem freien Markt sind in den seltensten Fällen die Guten – es sei denn, man hat die Instrumente, sie zum Guten zu zwingen! Und Freihandelsabkommen sind der Versuch, den Parlamenten diese Instrument langfristig zu entreißen!
Archiv des Autors: Wolf
Schwindende Mittelschicht
Die Wissenschaft hat festgestellt: Die Mittelschicht (ver)schwindet – trotz der anhaltend guter wirtschaftlicher Entwicklung. Und prompt zeigen sich alle zutiefst überrascht. Dabei kann es allenfalls jene überraschen, die vorbehaltlos der Ideologie des Neoliberalismus huldigen. Wenn selbst ein wirtschaftlicher Aufschwung nicht mehr zu einer wirtschaftlichen Stabilisierung der breiten Mehrheit beitragen kann – ja lügen denn dann am Ende die neoliberalen Ideologen und mit ihnen eine ganze Horde selbsternannter (Wirtschafts-)Weiser? Führt das uneingeschränkt eigennützige Streben Einzelner also doch nicht zum größtmöglichen Wohle aller, sondern eben nur dem einiger weniger. Und wenn die Menschen das am Ende auch noch merken! Aber dafür haben wir ja Heidenau …
Hässliche Deutsche
Die hässlichen Deutschen kriechen wieder aus ihren Löchern und machen die Straßen unsicher. Und – welch Überraschung – es ist gar nicht nur der braune Mob, es sind ganz normale Menschen, sogar „Frauen mit Kinderwagen und Kinder“ (WAZ, 24.08.2015). Als ob die hässliche Fratze des Wen-auch-immer-Hasses nur die Gesichter einer braunen Minderheit entstellen könnte – das wissen wir doch wahrlich besser! Währenddessen lacht sich das neoliberale Gesindel ins Fäustchen: Solange die Menschen voller Wut auf das Fremde starren, fragen sie nicht, wer sich eigentlich die ganzen Vermögenszuwächse der letzten Jahrzehnte unter den Nagel reißt.
Demokratie im Würgegriff?
Warum eigentlich gewinnt man mehr und mehr den Eindruck, dass die Mutti der Nation einem Erich Honecker doch näher steht als einem Willy Brandt? „Und WARUM scheint es kaum einen zu interessieren?“ (Maria) – die vielleicht noch entscheidendere Frage!
Ein Irrtum der Geschichte
Es gab Zeiten, da wurde investigativer Journalismus für die Aufdeckung politischer Skandale mit Preisen ausgezeichnet und niemand hätte es gewagt, öffentlich die Preisgabe der Namen der involvierten Whistleblower, gar deren Sanktionierung zu fordern – obwohl die Betroffenen vermutlich auch damals schon kaum etwas haben unversucht gelassen, um ihrer habhaft zu werden. Dass die verantwortlichen Politiker dennoch ihren Hut nehmen mussten, war jedenfalls noch selbstverständlich. Nicht, dass Kriminelle seinerzeit keine öffentlichen Ämter bekleiden durften – diese Tatsache durfte nur nicht publik werden. Lang lang ist’s her. Heutzutage geraten nicht die Kriminellen in Staat und Politik unter Beschuss – heutzutage sehen sich die Journalisten staatliche Repressionen ausgesetzt und die Whistleblower müssen untertauchen. Nicht genug damit – es wird gar ein neuer Straftatbestand definiert, der neben dem Geheimnisverrat nunmehr also auch die Datenhehlerei unter Strafe stellt – und damit den kritischen Journalismus als ganzes ins Visier nimmt. Dabei ist das doch kaum noch nötig: Das Gros der Medien ist – Murdoch und Konsorten sei dank – kaum mehr die vierte Gewalt, unsere Medien sind längst zu Komplizen mutiert, zumindest solange die Legislative konservativ bis neoliberal dominiert ist. Und die Demokratie? Ach, das war vermutlich ein naiver Traum des vergangenen Jahrhunderts.
Nur zeitweise systemrelevant
Das Pech der Bootsflüchtlinge, die inzwischen vermutlich zu tausenden Opfer der expliziten Abschreckungspolitik der EU geworden sind (und vermutlich auch noch werden), ist, dass sie nicht systemrelevant sind – die Kosten humanitärer Einsätze an sich können es nämlich nicht sein, sind die doch Peanuts im Vergleich zu den Beträgen, die unsere Politiker uns die Rettung der Banken ohne zu zögern haben kosten lassen. Jedenfalls sind diese Menschen nicht mehr systemrelevant, wenn sie in Richtung Festung Europa aufgebrochen sind. Systemrelevant sind sie allenfalls, solange sie sich noch in ihren Heimatländern befinden: beispielsweise als Anwender oder Opfer unserer hochentwickelten Waffentechnik, als Konsument unserer hochsubventionierten landwirtschaftlichen Erzeugnisse oder schlicht als Tagelöhner bei der Gewinnung billiger Rohstoffe.
Dass zahlreiche Politiker sich noch unlängst erdreistet haben, humanitäre Hilfen auf dem Mittelmeer zu verweigern, weil diese die Menschen in Afrika doch nur ermuntern könne, sich auf den gefahrvollen Weg nach Europa zu machen, klang im ersten Moment vor allem zynisch – bei rechtem Licht betrachtet scheint aber auch schon der Vorwurf unterlassener Hilfeleistung nicht mehr zu treffen, denn es ist Vorsatz im Spiel.
Christlich-soziale Willkommenskultur
Wer auch immer – wie beispielsweise Monika Hohlmeier (CSU) – die EU-Mission Triton als angemessene Fortsetzung des italienischen Programms Mare Nostrum schönredet und Mittel für eine effektive Rettung in Seenot geratener Bootsflüchtlinge verweigert, weil man damit nur weitere Menschen aus den Krisengebieten dieser Erde ermutige, macht sich mindestens der unterlassenen Hilfeleistung schuldig. Auf den zweiten Blick aber erfüllt es wohl doch den Tatbestand der eher vorsätzlichen denn fahrlässigen Körperverletzung – die billigende Inkaufnahme hundertfachen Todes eingeschlossen. Eine wahrlich christliche und ebenso furchteinflößende Willkommenskultur – man mag sich gar nicht ausmalen, was diese gläubigen Menschen dir antun, wenn du nicht willkommen bist!
Neoliberale Emphatie
Kansas macht vor, was Neoliberale unter sozialer Verantwortung verstehen – die schlichte und zeitlich eng begrenzte Sicherung der nakten Existenz – ohne jeden Tand und scheinbaren Luxus (siehe Telepolis). Von der Hilfe für bedürftige Familien (TANF) dürfen künftig keinerlei Genussmittel (Tabak, Alkohol etc.) und Vergnügungen (Sportveranstaltungen, Kultur u.ä.) mehr bezahlt werden. Im ersten Moment ist man sprachlos, aber es ist konsequent – wenn das wirtschaftliche Wachstum die Gier der selbsternannten Eliten nicht mehr zu befriedigen vermag, muss man halt dafür Sorge tragen, dass nicht mehr so viel Geld in den unteren sozialen Schichten versickert. Und dann versteht man auch, warum in Kansas der Waffenbesitz weiter liberalisiert wurde: Bei den Opfern der ungezählten Schusswaffen handelt es sich überwiegend um sozial Benachteiligte – und es gilt offensichtlich, aber unausgesprochen die Devise: Nur ein toter Bedürftiger ist ein guter Bedürftiger .
„Die sind doch nicht alle blöd“
Die Reaktionen der Politik auf Pegida zeugen – von wenigen Ausnahmen abgesehen – von einer seltenen Unsicherheit, weiß man hier doch nie, ob man nicht auch das eigene Klientel verprellt. Dass Ausländerfeindlichkeit latent eigentlich schon immer in der sogenannten „Mitte der Gesellschaft“ – wer immer das auch sein möge – zu Hause ist, sich bisher aber kaum jemand gefunden hat, der sich über die Political Correctness hinwegsetzt und die Ausländerfeindlichkeit nicht nur als spontane Äußerung artikuliert, das ist doch kein Geheimnis – man hört es halt nur nicht so gern. Jedenfalls wird man nun – vielleicht auch, weil es so schon viele sind – nicht müde darauf hinzuweisen, dass nicht alle Anhänger der Pegida blöd sein können. Aber warum eigentlich nicht? Ganz ehrlich: da fühlen sich Menschen von einem Bevölkerungsanteil im untersten einstelligen Prozentbereich bedroht und ausgenutzt, und gleichzeitig wird immer wieder aufs neue öffentlich, dass nicht nur eine kriminelle Elite, sondern auch große Konzerne den Steuerzahler in den letzten Jahrzehnten um Milliardenbeträge geprellt haben – das aber und die Politik, die diesen Umstand aktiv befördert oder aber doch stillschweigend toleriert hat, ist kein Aufbegehren wert, obwohl so die angebliche Krise der öffentlichen Haushalte und der sozialen Sicherungssysteme eigentlich nie hätte ein Thema werden müssen. Und wir hätten – ganz nebenbei bemerkt – auch noch genug Geld in der Portokasse, um den Menschen, die nicht zuletzt auch vor deutschen Waffen aus ihrer Heimat fliehen, ein angemessenes Auskommen und eine nachhaltige Unterstützung bei der Integration zu bieten.
Das Geheimnis wirtschaftlichen Erfolges
Natürlich glauben wir längst nicht mehr, dass der Reichtum des Adels auf der gottgegebenen Ordnung des Kosmos und dem Privileg des Blutes beruht statt auf Knechtschaft, Sklaverei und Willkür. Und es gehört schon eine gehörige Portion Naivität dazu, zu glauben, dass der Reichtum des Bürgertums im Wesentlichen auf Fleiß und ehrbarer Arbeit beruht statt auf Unterdrückung, noch mehr (Lohn-)Sklaverei und der hemmungslosen Ausbeutung aller verfügbaren Ressourcen? Warum aber sollten wir dann glauben, dass wirtschaftlicher Erfolg sich heute allein innovativem Geist und kaufmännischer Tugend verdanken statt – wie schon zuvor – sozialer Asymmetrie, anhaltender (Lohn-)Sklaverei und der noch hemmungsloseren Ausbeutung aller verfügbaren Ressourcen – ganz zu schweigen von Lug und Trug und Rücksichtslosigkeit als Geschäftsmodell? Was genau – bitte – soll sich geändert haben?