Das Gift der Nachhaltigkeit?

Nachhaltigkeit, so lautet das Zauberwort, das die Menschen aus der ökologischen Krise führen soll. Aber natürlich systemimmanent! Dabei sind Nachhaltigkeit und Kapitalismus eigentlich ein Widerspruch in sich! Denn im Kapitalismus interessiert es erst einmal nicht, was produziert wird, wie es produziert wird und welche Konsequenzen diese Produktion nach sich zieht. Kapitalistisches Wirtschaften heißt einzig, dass möglichst viele Menschen möglichst viel konsumieren, damit möglichst viel erwirtschaftet wird. Nachhaltiges Wirtschaften aber läuft auf einen möglichst geringen Ressourcenverbrauch für möglichst wenig Produkte hinaus: kurz – wir konsumieren nur das, was wir unbedingt brauchen – der Rest ist eben nicht nachhaltig, weil überflüssig! Und eben das ist Gift für unser Wirtschaftssystem.

In diesem Sinne sind die bisherigen Ansätze zum Klimaschutz nur wenig überzeugend: Wir brauchen nicht mehr Elektroautos – wir brauchen radikal weniger motorisierten Verkehr! Wir brauchen auch nicht mehr Recycling – wir brauchen weniger Müll, weniger Konsum und weniger Ressourcenverbrauch.

Besser spät als nie?

Altmeier hat nun eingestanden, dass er sich über die Jahre geirrt hat und darum in seiner bisherigen Laufbahn schlicht die falschen Prioritäten gesetzt hat. Natürlich ist man geneigt zu sagen: Besser spät als nie – selbst wenn es eigentlich schon zu spät ist. Zukünftig will er sich jedenfalls für eine Charta für Klimaschutz und eine starke Wirtschaft einsetzen. Die SZ vom 12.09.2020 zitiert ihn mit den Worten: „Das wäre ein historischer Kompromiß“. Diese Sichtweise indes ist verräterisch und macht deutlich, dass die Kehrtwende eigentlich keine ist: Sie suggeriert, dass wir es mit zwei Konfliktparteien zu tun haben, die sich aufeinander zu bewegen können – und wollen. Das Klima allerdings ist unserem Wohlbefinden gegenüber schlicht indifferent und – betrachtet man nur die späktakulärsten Auswirkungen, nämlich die verheerenden Brände in Nordamerika und Australien – eigentlich kompromisslos! Tendiert man darüber hinaus zu der Annahme, dass wesentliche Klima-Kipppunkte längst überschritten sind – dann ist die späte Einsicht nur eine andere Form der Verblendung, die Handlungsfähigkeit dort suggeriert, wo wir nur noch Getriebene sind.