Jene Mitte der Gesellschaft, jene schweigende Mehrheit, die Aiwanger und Söder jüngst in Erding beschworen haben – das ist eben jene Mehrheit, die vor rund 90 Jahren bis zuletzt die Stütze des Nazi-Regimes war und dann angeblich von nichts wusste. Zugegeben – die bayrischen Spitzenpolitiker sind keine Nazis – nein – sie sind ihre Erben und gehen den kommenden voraus, sind ihre Steigbügelhalter. Am Ende dann heißt es: Das haben wir nicht gewollt – aber das will man ihnen dann auch nicht mehr glauben!
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Unsägliche Meinungsfreiheit
„Mein Herr, ich bin nicht Ihrer Meinung. Aber ich würde dafür sterben, dass Sie sie äußern dürfen“. Dieser Satz Voltaires wird immer wieder gerne bemüht, um eine vorgeblich unter die Räder des Mainstream geratenen Debattenkultur zu retten, aber wir dürfen nicht vergessen, aus welchen Zeiten diese Äußerung resultiert. Sie muss als Reaktion auf einen Diskurs verstanden werden, der durch den absoluten Souverän dominiert wurde und die Gedankenfreiheit wurde als Keim begriffen, der dereinst auch die des Handelns nach sich ziehen sollte. Dass wir heute das Problem haben, dass Meinungen nicht mehr hinreichend geäußert werden dürfen, scheint nicht das vordringliche Problem zu sein. Im Gegenteil: Die Agnotologie lehrt uns, dass vielleicht gerade das Gegenteil der Fall ist, dass die wesentlichen (wissenschaftlichen) Erkenntnisse in einer Flut der Halb und Unwahrheiten untergehen – ganz so, wie in den 1960er und 1970er Jahren die medizinischen Erkenntnisse über die Gefahren des Nikotins und des Tabaks systematisch durch ausgefeilte Desinformationskampagnen bekämpft worden sind. Im Zeitalter der Massenmedien bringt man die Wahrheit nicht mehr zum Schweigen, man ertränkt sie in einer Flut von Lügen und Halbwahrheiten.
Grenzen des Sagbaren
Indem wir die Grenzen des Sagbaren verschieben, verschieben wir auch die Grenzen des Machbaren. Wer das Ressentiment gegen welche Minderheiten auch immer predigt, ist unmittelbar auch mitverantwortlich für Taten wie die in Christchurch, Halle oder in Hanau. Und darum spielt es auch kaum eine Rolle, ob die Tat von einer einzelnen Person oder einer Gruppe geplant und ausgeführt wurde, es spielt auch keine Rolle, in welcher psychischen Verfassung der oder die Täter waren – es handelt sich ein ums andere Mal um Manifestationen eines latenten Faschismus, der – nie ganz besiegt – überall dort um sich greift, wo Orientierungslosigkeit in Hass umschlägt.
Um so wichtiger ist es, all den Propagandisten des Ressentiments das Wort zu entziehen und sie aus dem Diskurs zu drängen. Der demokratische Diskurs ist grundsätzlich ein offener Diskurs, an seinen Rändern kann viel gesagt werden, was mit seinen Werten längst nicht mehr übereinstimmt. Aber es gibt eben auch manches, was man schlicht nicht sagen darf …
Mediale Inszenierung
Natürlich ist das Attentat auf dem Berliner Weihnachtsmarkt ein tragisches Ereignis – so, wie alle Ereignisse tragisch sind, bei denen Menschen zu Schaden kommen, gar ihr Leben verlieren. Dieses Ereignis hat aber noch etwas zu Tage gefördert: Es gibt tragische Ereignisse, die geschehen fast unbemerkt und hinterlassen kaum oder gar keine Spuren – und es gibt solche, die zu einer Tragödie werden, weil sich die Medien ihrer bemächtigen und zu einer würdelosen Inszenierung machen. Kaum geschehen, schon feuerten die Medien auf (fast) allen Kanälen und verbreiteten eigentlich nur eines: Es gab Opfer – mehr weiß man aber eigentlich nicht. Und dieses Nichtwissen wurden stundenlang ausgebreitet, von immer neuen „Fachleuten“ bestätigt und wieder und wieder durchbuchstabiert! Und eben so wurde aus einer Nachricht eine – zutiefst unangemessene – Inszenierung. Eine Inszenierung, die in gewissem Sinne gar die Opfer all der anderen – ungehörten – tragischen Ereignisse verhöhnt! Zugleich haben wir einmal mehr das Gefühl, in höchst unsicheren Zeiten zu leben – geradezu „kontrafaktisch“, wie der Philosoph Michel Serres in seinem jüngsten Buch zu zeigen versucht!
Fake News? Es geht auch anders!
Es bedarf keiner groß angelegten Kampagne mit sog. gefaketen Informationen, um eine Wahl zu manipulieren, ein paar Halbwahrheiten reichen allemal. Z. B. die Kampagne der CDU in NRW, die die Verkehrspolitik der Landesregierung unmittelbar für die Staus im Lande verantwortlich macht. Davon ist eigentlich fast jeder Bürger im Ruhrgebiet betroffen und auch Merkel durfte sich zuletzt seiner uneingeschränkten Zustimmung sicher sein – solange niemand nach den Ursachen und den dafür Verantwortlichen fragt. Und wenn doch? Auf einer Fläche halb so groß wie Bayern drängen sich 20 Prozent aller bundesdeutschen PKW. Während sich die Zeit, die wir im Bundesdurchschnitt in einem Stau verbringen, in den letzten Jahren jedoch vervierfacht hat, liegt dieser Wert in der Rhein-Ruhr-Region nur beim Dreifachen. Das könnte man also auch als Erfolg der nordrheinwestfälischen Verkehrspolitik verbuchen, wenn es denn um die Sache ginge. Ach ja: Und wem verdanken wir die Tatsache, dass ein immer größerer Anteil des Güter-, aber auch des Personenfernverkehrs auf die Straße verlagert wird? Die Bundespolitik, namentlich Verkehrsminister Dobrindt, lässt grüßen! Dabei dürfen wir sicher sein, dass die Ökobilanz der LKWs denkbar schlecht ist, berücksichtigt man auch die externen Kosten vom Flächenverbrauch über die Feinstaubbelastung bis hin zu – genau – den Staus.