„WANN IST’s GENUG?“ – so der Spruch, den ein junger Mann auf einer Corona-Demo vor sich herträgt (siehe SZ vom 28.12.2021). Vermutlich ist ihm nicht bewusst, wie gut er damit die psychosozialen Auswirkungen der Corona-Krise beschreibt, vor allem aber auch jener, die uns als Folge der bereits einsetzenden Umweltkatastrophen noch bevorstehen. Die große Mehrheit der unter 70-jährigen sind bisher von wirklichen Krisen verschont geblieben. Ein bisschen Inflation in den 1970ern, ein bisschen Strukturwandel – wohlgemerkt Wandel, kein Zusammenbruch – das war’s dann aber schon. Und nun Corona und seine spürbaren Einschränkungen einer für selbstverständlich genommenen Freiheit, die sich nicht selten aus Gedankenlosigkeit speist und häufiger längst in Egoismus und Selbstgerechtigkeit umgeschlagen ist. Die Frage, die er vor sich herträgt, spiegelt die tiefe Verunsicherung, die die Menschen zweifellos auch schon vor Corona gespürt haben ob der drohenden Veränderungen, die sich allenthalben abzeichnen. Die Welt, wie wir sie eigentlich schon seit den 1960ern kennen, gibt es nicht mehr, obwohl sich viele daran abarbeiten, den Schein aufrechtzuerhalten: Die Kluft zwischen Arm und Reich, der Klimawandel mit all seinen Auswirkungen, das Artensterben, die Umweltzerstörung, das Bevölkerungswachstum – die Liste ist lang und wer der Wissenschaft aufmerksam zuhört, bekommt eine Ahnung davon, was uns in Kürze bevorsteht und wie viele unserer liebgewonnenen Gewohnheiten nur noch dazu beitragen, die Krise zu verschärfen. Und damit lässt die eingangs gestellte Frage nur eine Antwort zu: Noch lange nicht – es fängt gerade erst an!